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Heft 2

B-Z! Das ist nett! (Teil 1)

In diesem Arbeitsheft werden alle Konsonanten eingeführt, die sich beim Sprechen gut dehnen lassen. Dazu kommen noch einige Vokale (Zwie- und Umlaute).

Walter Jens

Hans Bader

"... der Tag ist sehr lang, Faulpelze sind mir verhasst ..."

Es gibt Journalisten und andere Berufsgruppen, die von sich behaupten, dass sie geistig tätig seien und allen Ernstes bezweifeln, das Erlernen der lateinischen Sprache könne ihren Geist beleben. Walter Jens, am 08. März 1923 in Hamburg geboren, sagt in einem Gespräch, dass er es niemals bereut habe, statt Germanistik klassische Philologie studiert zu haben. Das hatte allerdings auch einen politischen Grund. Germanistik zur Zeit des Nationalsozialismus zu studieren, hätte ihm Kompromisse abgefordert. So aber ist er ein Professor, Lehrstuhlinhaber für klassische Philologie und allgemeine Rhetorik in Tübingen geworden. Rhetorik entstand schon in der Antike als Kunst und Wissenschaft, und als Wissenschaftler und Künstler verstand sich der Präsident des deutschen PEN-Clubs und Mitglied zahlreicher Akademien (z. B. der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung) immer, denn er schrieb auch Romane, Hör- und Fernsehspiele, Essays und Kritiken.

Vorbild war ihm Gotthold Ephraim Lessing, dessen rhetorischer Stil in seinen großen Polemiken ebenso wie die Argumentationskraft und überzeugende klare Sprache. Manche Kritiker rhetorischer Kniffe, der Manipulationsmacht, die gute Redner auch haben können, werden zu Gegnern der Rhetorik. Aber diese ist im Kern keine Verführungskunst, wie so vieles in falschen Händen zum Schaden der Menschen eingesetzt werden kann, sondern dient der Vermittlung von Wahrheit und Wahrscheinlichkeit, von Lehre und Leidenschaft, von Vernunft und Gefühl. So drückt es Walter Jens aus. Worte können nicht für sich selbst sprechen. Sie wollen der Sache und der Situation angemessen gewählt werden. Rhetorik, sagt Jens, sucht die Wahrheit in Rede und Gegenrede, sie setzt Freiheit voraus, sie braucht Offenheit.

Neben Lessing liebt Jens, wen wundert´s, Heinrich Heine. Und so lässt er beide, die sich nie begegnen konnten (als Heine geboren wurde, ist Lessing seit 16 Jahren tot) in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel, Lessings Wirkungsstätte, zu einem Gespräch aufeinander treffen. „Der Teufel lebt nicht mehr, mein Herr!" heißt dieser Text. So wenig die Lebenszeiten der beiden Großen deutscher Literatur auseinanderklaffen - was sind schon 70, 80 Jahre in der Menschheitsgeschichte, so sehr haben sich die Zeiten geändert.

Heine: „Jetzt plötzlich sehe ich, wie gut es hier ist, unter den Büchern ...und wie lebendig! Wie sicher, Lessing! Denn oben, wo man Bücher verbrennt - ... verbrennt man am Ende auch Menschen."
Lessing: „Das wird nie geschehen. Der Teufel lebt nicht mehr, mein Herr. Dafür wird gesorgt."
Heine: „Sind Sie so sicher?"
Lessing: „Schon. Freilich - wetten würde ich nicht."

Und als sie (vorher) über Spiele sprechen, meine Heine:

„... wir haben heute andere Spiele ... ernstere als zu Ihrer Zeit. Was damals der Spielsaal war, ist jetzt die Börse, und statt der Karten gibt es ... Papiere. Aktien ... Das Steigen und Fallen der Kurse. Monsieur, das Träufeln der Zinsen, dazwischen das leise Schluchzen der Armut - das ist die Melodie des Jahrhunderts!"
(Das war 1983 veröffentlicht!)

 

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Literatur:

- Dieter Krywalski: Knaurs Lexikon der Weltliteratur.
  Autoren. Werke. Sachbegriffe.
  Bechtermünz Verlag 1999

- Walter Jens: Die Friedensfrau
  Ein Lesebuch
  Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig 1989

- Walter Jens: Die Vernunft der Redekunst
  in: Was der Mensch braucht.
  Über die Kunst zu leben
  Herausgegeben von Hans Jürgen Schultz
  Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG
  München 1989

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